Presse

Offenburger Tageblatt 20.4.2024

Karin Hirschle eröffnet ihr Atelier in der ehemaligen Gärtnerei in Steinach

Vieles erinnert in der ehemaligen Gärtnerei Frank in Steinach noch an alte Tage: die mächtigen Rolltische, der silberne Kessel, die zahlreichen Wasserrohre und das Geflecht aus Stangen und Gelenken unter den Dächern aus Glas. Dazwischen viele bunte Farbtupfer. Doch was seit 1. April in den Gewächshäusern gedeiht, sind keine Blumen, sondern Bilder in den verschiedensten Formen und Farben.

Im März ist die Alpirsbacher Malerin und Bildhauerin Karin Hirschle in die Gärtnerei eingezogen. Nicht für immer. "Der Eigentümer hat noch andere Pläne mit den Gebäuden", weiß die Künstlerin. Doch solange diese stehen, möchte sie das Licht einfangen, das großzügig die Räume flutet. "Es ist perfekt", freut sich Hirschle. "Man erkennt in diesem Licht viel mehr Feinheiten". Und man sehe auch die natürlichen Töne der Farben, die durch das Kunstlicht immer etwas verfälscht würden.

Doch es ist nicht nur das Licht, das die Künstlerin für die Gewächshäuser einnimmt, es ist auch die Atmosphäre – eine friedliche und heitere. "Es lebt hier noch richtig", lacht die 69-Jährige, als die Dachfenster wie von Geisterhand aufklappen. Die alte Automatik sorgt auch jetzt noch für ein ausgeglichenes Klima.

Viele ihrer Bilder stehen noch in Stapeln an den Wänden. Wie viele sie in ihrem Leben gemalt habe, könne sie nicht mehr sagen. "Es sind zu viele", schmunzelt Hirschle. Denn die Kunst begleitet die 69-jährige Zeit ihres Lebens.


Bereits während ihres "Brotjobs" als Bankkauffrau belegte sie Kunstkurse und -seminare. Auch später, als sie sich auf einem Bauernhof im Kinzigtal um den Ferienbetrieb und einen Reitstall kümmerte, war der Pinsel nie weit. Etliche Schützenscheiben entstanden in dieser Zeit. Daneben beschäftigte sie sich auch mit Töpferei sowie Seiden- und Porzellanmalerei. "So intensiv wie jetzt betreibe ich die Kunst aber erst seit zehn Jahren", schildert sie.

Durch Studiengänge in Offenburg, Wiesbaden und Freiburg entwickelte Karin Hirschle in der Realistischen Malerei ihre individuelle, ganz besondere Bildsprache. Das Spiel mit Sichtbarem und Unsichtbarem sowie Figürlichem und Schemenhaftem zieht sich durch ihre Werke und verleiht ihnen eine besondere Mystik. "Jedes Bild hat eine Aussage, eine Seele", erläutert sie. Daneben hat die Künstlerin auch Freude an der Arbeit mit Skulpturen und Installationen. Ihr Triebfeder ist intrinsischer Natur: "Die Kunst ermöglicht es mir, ganz im Hier und Jetzt zu sein, bei mir", sagt sie.

Noch lebt die rührige Frau in Alpirsbach und betreibt mit der Malerin Gloria Keller eine Ateliergemeinschaft in Freudenstadt. Ausstellungen und Kunstkataloge zeugen von ihrer vielseitigen Schaffenskraft. Während der Corona-Pandemie initiierte sie mit Künstlerkollegen den "Kunstweg Grüntal" in Freudenstadt. Doch bald schon wird Karin Hirschle eine Steinacherin sein – so wie die Familie ihres Sohnes, in dessen Haus sie mit einziehen wird. "Es ist für mich wie ein Heimkommen", sagt sie. Sie liebe die Gegend.

Die Mutter und Großmutter ist nicht nur eine begabte Künstlerin, sondern auch Jägerin. "Das Ansitzen ist für mich wie aktives Meditieren", erzählt sie. Es gebe ihr die Ruhe, Gedanken zu entwickeln und zu Ende zu denken. Zahlreiche Werke zeugen von ihrer großen Verbindung zur Natur, wie eine Porträtserie wilder Tiere, die den Betrachter auf Augenhöhe anschauen – eine ungewohnte Perspektive.

Auch politische und gesellschaftliche Themen finden sich in ihren Werken gespiegelt, wie auf einem Triptychon, das China in wenigen symbolträchtigen Motiven als Überwachungsstaat darstellt. "Ich versuche, meine Ängste und Eindrücke in den Bildern umzusetzen", schildert Karin Hirschle. "Das ermöglicht mir, sie zu verarbeiten und zu transformieren." Die Künstlerin freut sich bereits sehr auf die Möglichkeit, bei der Eröffnung ihres Ateliers eine Auswahl ihrer Bilder und Skulpturen zeigen zu können. Dabei reizt sie besonders das Gespräch und "das, was die Besucher in den Bildern sehen."

Veranstaltung:

Karin Hirschle feiert die Eröffnung ihres Ateliers am kommenden Wochenende mit einer Ausstellung, und zwar am Samstag und Sonntag, 27. und 28. April, jeweils von 10 bis 18 Uhr. Das Atelier befindet sich in der ehemaligen Gärtnerei Frank in der Biberacher Straße 1 in Steinach.

Silke Keil 

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